Culture-Trends 2023

17.01.2023
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Wie Kosmetikinstitute das Beste aus dem machen, was sie haben, und bei Bedarf noch qualifiziertere Mitarbeiter dazugewinnen – Schönwetterwirtschaft war gestern, aktuell tobt der Sturm und es ist wichtiger denn je, im eigenen Institut die richtigen Leute an Bord zu haben. Müssen trotzdem neue Mitarbeiter gefunden und gewonnen werden, gleicht das mehr denn je einer Gratwanderung. Die Erfahrung von Kosmetikerinnen zeigt: Harmonieren einzelne Team-Mitglieder nicht mit den Werten und der Kultur des Instituts, gibt es mit den Kunden und auch intern mehr Probleme als Lösungen.

Grafik: Christian Bernhardt, Buch: Echte Wertschätzung

Fakt ist: Für Effizienzsteigerung und Innovation im Institut braucht es fähige und motivierte Mitarbeiter, die an einem Strang ziehen. Und selbstständige Kosmetikerinnen, die neue Strukturen und Formen der (Zusammen-)Arbeit schaffen, um die Anforderungen der Mitarbeiter und Erwartungen der Kunden zu erfüllen.

So kann die Energie im Institut frei fließen und sich entfalten. Wie groß das Potenzial einer geschlossen agierenden Mannschaft ist, die sich mit Herz, Hand und Verstand für eine gemeinsame Sache einsetzt, zeigt sich beispielweise im Vergleich des deutschen Fußball-Weltmeister-Teams von 2014 mit ihren Nachfolgern, die 2018 bereits in der Vorrunde scheiterten. Das Prekäre: Personell blieben viele Positionen unverändert. Aber es fehlte der Teamgeist.

Gleiches gilt für Kosmetikinstitute. Wer hört, dass die beiden Coronajahre für eine norddeutsche Hotelkette die erfolgreichsten der Firmengeschichte waren, reibt sich zunächst verwundert die Augen – und fragt dann nach dem Geheimnis hinter dem Erfolg. Während pandemiebedingt viele andere Häuser Insolvenz anmelden mussten, überstand die Hotelkette durch vier entscheidende Faktoren die Krise unbeschadet: Neben einer starken Kultur waren dies volle Transparenz, klare gemeinsame Ziele und selbstorganisierte, agile Prozesse.

Trend 1: New Work erreicht den „Handy-Moment“

Zur Jahrtausendwende war zu beobachten, dass zunächst alle über die Handy-Nutzer die Nase rümpften und kurz danach selbst eines in der Tasche hatten. Everet Rogers Diffusionskurve von Innovationen beschreibt, dass Trends, die die kritische Masse erreichen, anschließend von der Gesellschaft aufgegriffen werden und sich etablieren (siehe Grafik). Dieser Punkt scheint nun in Bezug auf New Work erreicht zu sein. Auch Kosmetikinstitute mussten in den beiden letzten Jahren erleben, dass Situationen sich von einem Tag auf den anderen komplett ändern können. Nichts war mehr planbar. Und auch heute funktionieren Rezepte von gestern vielfach nicht mehr. Die Herausforderungen sind oft so komplex, dass sie nicht im Alleingang bewältigt werden können. Die starke Kosmetikerin, die den Weg in eine sichere Zukunft weist, ist mit der Vielschichtigkeit der Probleme genauso überfordert wie jede einzelne ihrer Mitarbeiterinnen. Aufgabe der Chefin ist es, mit der passenden Haltung vorauszugehen und die erforderlichen (Frei-)Räume zu schaffen, in denen dem Wandel kooperativ und auf Augenhöhe begegnet werden kann. Dazu gehört die Einführung flexibler Modelle, die ein selbstorganisiertes und selbstbestimmtes Handeln ermöglichen. Sind Macht und Entscheidungsbefugnisse verteilt, kann das Institut sich schneller verändern, die Agilität steigt.

Trend 2: Mit Wertschätzung Mitarbeiter (zurück-)gewinnen und Überlastung vorbeugen

Wenn die Kosten steigen und der Output gehalten werden soll, muss die Effizienz erhöht werden. Dabei kann es nicht darum gehen, das Hamsterrad noch etwas schneller zu drehen. Eine rein quantitative Steigerung ist in den meisten Kosmetikinstituten ohnehin nur schwer möglich. Und auch nicht nötig! Den wirklichen Unterschied machen qualitative Entwicklungssprünge. Damit diese gelingen, braucht es engagierte, motivierte Mitarbeiter und einen Rahmen, in dem sich jeder traut, sich zu beteiligen und außerhalb der Box zu denken. Laut Studien schieben durchschnittlich fünf von sieben Mitarbeitern Dienst nach Vorschrift. Selbstständige Kosmetikerinnen, denen es gelingt, diese Mitarbeiter zurückzugewinnen, erleben regelmäßig enorme Wachstumsschübe und erkennen, dass es weniger Neueinstellungen braucht, weil Mitarbeiterinnen plötzlich wieder voller Begeisterung bei der Sache sind.

Ein gutes Betriebsklima beflügelt jeden im Team, eröffnet Synergien und beseitigt interne Grabenkämpfe. Einer Studie zufolge führt der Fokus auf eine starke Kultur zu mehr als doppelt so guten Ergebnissen und ist somit ein Schlüssel erfolgreicher Kosmetikinstitute. Eine starke Kultur wird getragen von Wertschätzung, Kontakt auf Augenhöhe sowie dem Bewusstsein über den Sinn der gemeinsamen Arbeit. Eine kompromisslose Wertschätzungskultur hat einen weiteren Vorteil, denn sie ist das zentrale Merkmal, um gute Mitarbeiter im Institut zu halten.

Das Thema Fachkräfte bleibt aktuell: Auch wenn intern alles gut läuft, ohne neue Mitarbeiter geht es nicht. Allein durch die demografische Entwicklung müssen in den nächsten Jahren mehr und mehr Kollegen ersetzt werden. Dazu kommen strukturelle Aspekte durch die Veränderungen im Zuge der Digitalisierung. Diese erfordern ständiges Lernen und Anpassen an neue Gegebenheiten. Bei der aktuellen Situation am Fachkräftemarkt können sich Kosmetikinstitute Fehler bei der Personalauswahl immer weniger leisten. Fehlgriffe sind nicht nur teuer, sie verlängern auch die Suchzeit und überlasten das bestehende Team. Gerade Letzteres ist in Zeiten, in denen sich jeder Dritte ausgebrannt fühlt, kritisch.

Trend 3: Cultural Fit Recruiting und die Suche nach dem Growth Mindset

Jeder Mitarbeiter, der geht, verschlechtert den Arbeitgeber-Ruf und erschwert die Gewinnung neuer Talente. Der Schlüssel zum Erfolg liegt neben der oben beschriebenen Kulturentwicklung in einer professionellen Personalauswahl, die auch den kulturellen Fit der Bewerber erhebt und neue Mitarbeiter anschließend mit einer ordentlichen Einarbeitungszeit ins Kosmetikinstitut einführt. Dabei kommt es immer mehr darauf an, von der illusionären Suche nach dem perfekten Kandidaten abzulassen und zu untersuchen, welche Potenziale Bewerber mitbringen müssen, damit der Einstieg ins Institut gelingt, um anschließend darauf aufzubauen. Die Organisationspsychologie zeigt, dass das am besten mit einem Growth Mindset (= Wachstumsdenken) gelingt. Diese Bewerber zeichnen sich durch eine hohe Lernbereitschaft aus, sehen Kritik als Wachstumschance, wissen, dass Fehler zum Entwicklungsprozess gehören, und stellen die gemeinsame Entwicklung über das eigene Ego. Die Herausforderung liegt darin, diese Qualitäten im Recruiting zu erkennen und von Institutsseite aus eine positive Feedback- und Fehlerkultur zu stellen, damit sie sich entfalten können.

Mein Fazit: Um 2023 der unsicheren Lage und dem engen Fachkräftemarkt erfolgreich zu begegnen, braucht es im Kosmetikinstitut eine starke Kultur. Sowohl für die bestehenden Mitarbeiter als auch, um die passenden Talente anzuziehen, zu erkennen und schließlich für sich zu gewinnen. Wie das gelingen kann? Indem selbstständige Kosmetikerinnen ihre persönlichen Werte und darauf aufbauend ihre ganz spezielle Unternehmenskultur zunächst für sich selbst formulieren und dann nach außen kommunizieren. Gelingt es im zweiten Schritt, Bewerber auf diese zu matchen, können jene Kandidaten gefunden und eingestellt werden, die wirklich zum Institut und der strategischen Ausrichtung passen. So wird die Fähigkeit des Instituts verbessert, die Herausforderungen des Marktes zu lösen und im harten Wettbewerb zu bestehen.

Foto: Christian Bernhardt
Christian Bernhardt

Der Autor ist Dozent für nonverbale Kommunikation und Kommunikationspsychologie sowie Experte für Strategien gegen den Fachkräftemangel. Der Fachbuchautor hält Vorträge und Hybrid-Trainings zu den Themen Recruiting und Kommunikationskultur und berät Unternehmen in Deutschland und der Schweiz.

www.bernhardt-trainings.com
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